Juni 2022

Kinoprogramm

Filmbeschreibungen

BLUTSAUGER

Deutschland 2021 – Regie, Buch, Schnitt: Julian Radlmaier – Kamera: Markus Koob – Musik: Frankie – Mit: Alexandre Koberidze, Lilith Stangenberg, Alex Herbst, Corinna Harfouch, Andreas Döhler, Daniel Hoesl u. a. –  125 Min. deutsche Originalfassung – Ab 12 Jahren

Donnerstag, 2. Juni, 20 Uhr
IM GESPRÄCH mit Regisseur Julian Radlmaier

1928: Der sowjetische Arbeiter Ljowuschka wird als Trotzki-Darsteller für einen Film von Eisenstein gecastet. Seine Träume vom Künstlerleben platzen, als Trotzki bei Stalin in Ungnade fällt und er aus dem Film herausgeschnitten wird. Jetzt will er sein Glück in Hollywood versuchen. Noch steckt er allerdings an einem mondänen deutschen Badeort fest, wo er bei einem Strandspaziergang die exzentrische, hübsche Fabrikbesitzerin Octavia Flambow-Jansen kennen lernt. Eine sommerliche Romanze bahnt sich an – dumm nur, dass in der Gegend Vampire ihr Unwesen treiben. Und noch dümmer, dass Octavia selbst ein Blutsauger ist.

„Julian Radlmaier setzt mit dem Film seine Auseinandersetzung mit dem Marxismus in der Theorie wie in Zitaten aus der Kinohistorie fort, wobei auch Bezüge zur Gegenwart, Klamauk und insbesondere die Liebe nicht zu kurz kommen. Denn die ist schließlich nicht weniger kompliziert als die Marx-Lektüre.“
– Filmdienst.de

„Mit seiner dialektischen Fabel treibt Julian Radlmaier den zu seinem Markenzeichen gewordenen «ironischen Materialismus» auf die Spitze. Ideologie und Cinephilie sind die Zutaten einer formalistischen Komödie, die die marxsche Metapher vom Kapitalisten als Blutsauger wortwörtlich nimmt.“ – RadioEins


DER SCHLIMMSTE MENSCH DER WELT
– Verdens verste menneske

Norwegen, Frankreich, Schweden, Dänemark 2021 – Regie: Joachim Trier – Drehbuch: Joachim Trier, Eskil Vogt – Kamera: Kasper Tuxen – Schnitt: Olivier Bugge Coutté – Musik: Ola Fløttum – Mit: Renate Reinsve, Anders Danielsen LIe, Maria Grazia Di Meo u. a. – 127 Min. OmU (Norwegisch), deutsche Synchronfassung

Julie ist fast 30 und hat keine Ahnung, was sie für ein Leben führen will. Überwältigt von jeglichen Möglichkeiten, ändert sie immer wieder ihre Richtung. Sie bricht ihr Medizinstudium ab, um sich in der Psychologie – oder doch eher in der Fotografie – zu versuchen. Ihr selbstsicherer 44-jähriger Freund Aksel, der sich längst als Comic-Autor etabliert hat, wünscht sich schon lange ein Kind mit ihr, aber dazu ist Julie noch nicht bereit. Als sie auf einer Party den jungen und energiegeladenen Eivind kennenlernt, steht ihr Leben vor einem weiteren, entscheidenden Wendepunkt.

Ein Jahr nach dem fantastischen Kinoerfolg von „Der Rausch“ beweist DER SCHLIMMSTE MENSCH DER WELT einmal mehr, dass Skandinavien ganz großes Kino kann. Joachim Triers moderne Variante einer klassischen romantischen Komödie ist durchzogen von feinem Humor, grandiosem Herzschmerz und einem unverwechselbaren Gespür für knifflige Beziehungsdynamik. Das umwerfende Darstellerensemble wird angeführt von Renate Reinsve, die für ihr elektrisierendes Spiel 2021 völlig zurecht den Preis als Beste Darstellerin in Cannes gewann.


DEAR FUTURE CHILDREN

Deutschland, Großbritannien, Österreich 2021 – Regie: Franz Böhm – Kamera: Friedemann Leis – Schnitt: Daniela Schramm Moura – Musik: Hannes Bieber und Leonard Küßner – Mit: Rayen (Chile), Pepper (Hongkong) und Hilda Flavia Nakabuye (Uganda) – 89 Min. OmU (mehrsprachig) – Ab 12 Jahren

Drei Länder, drei Konflikte, drei Frauen und ein ziemlich ähnliches Schicksal: Tränengas und Gummigeschosse, Wasserwerfer und tödliche Dürre, Regierungen, die nicht zuhören wollen und eine junge Generation, die zurecht wütend ist. Doch sie haben nicht vor aufzugeben. „Die Zukunft gehört der Jugend.“ Und wenn es keine Zukunft mehr gibt? Was gehört der Jugend dann? Es ist eine der wichtigsten Fragestellungen der Gegenwart. Regisseur Franz Böhm geht ihr nach. Das macht DEAR FUTURE CHILDREN zu einem der wichtigsten Dokumentarfilme des Jahres.


ALPENLAND

Österreich 2020 – Regie, Drehbuch, Schnitt: Robert Schabus – Kamera: Lukas Gnaiger – Musik: Lukas Lauermann – Ton: Bertram Knappitsch, Andreas Frei – 88 Min. deutsche Originalfassung teilweise mit Untertitel – Ab 6 Jahren

Sonntag, 12. Juni, 18 Uhr
IM GESPRÄCH mit Regisseur Robert Schabus

Die Alpen sind nicht nur spektakuläre Naturlandschaft im Herzen Europas, sondern Lebensraum für 13 Millionen Menschen in acht Ländern, deren Vielzahl an Sprachen, Dialekten und Lebensweisen die kulturelle Vielfalt dieser einzigartigen Region widerspiegeln. Der Klagenfurter Robert Schabus (u. .a. „Bauer Unser“) begibt sich mit großer Empathie und genauem Blick auf eine Reise zu Bergbauernhöfen in Österreich, kleinen Manufakturen im Dorf Premana in Italien oder in bekannte Wintersportzentren wie Méribel in Frankreich. Die Idylle trägt den Keim zu ihrer Zerstörung in sich. Der Tourismus schafft Arbeitsplätze und frisst die Natur auf, der Verkehr durchschneidet die Alpentäler und der Klimawandel macht sich in den Alpen besonders bemerkbar.

ALPENLAND erzählt von Menschen, deren Lebensperspektiven gegensätzlicher nicht sein könnten – und die trotz schwieriger Bedingungen eine tiefe Beziehung zu ihrer Heimat haben.


GLÜCK AUF EINER SKALA VON 1 BIS 10
– Presque

Frankreich/Schweiz 2021 – Regie, Buch: Bernard Campan, Alexandre Jollien – Drehbuch: Hélène Gremillon – Kamera: Christophe Offenstein – Schnitt: Annette Dutertre – Mit: Bernard Campan, Alexandre Jollien, Tiphaine Daviot, Julie-Anne Roth u. a. – 92 Min. OmU (Französisch) / deutsche Synchronfassung – Ab 6 Jahren

Igor lebt allein und jobbt als Fahrradkurier für Biogemüse. Aufgrund seiner körperlichen Behinderung wird er nur allzu oft unterschätzt und rettet sich vor der Einsamkeit hin zu Sokrates und Spinoza. Der Bestattungsunternehmer Louis hingegen ist Ende 50 und hat für die Firma sein Privatleben geopfert. Als er Igor auf seinem Fahrrad anfährt, ist ihm das doppelt peinlich: Zum einen wegen seiner Unachtsamkeit, zum anderen, weil er offensichtlich einen Menschen mit Behinderung verletzt hat. Ein Unfall mit überraschenden Folgen …

Aus der Konstellation „Arbeitstier trifft Lebenskünstler“ entwickelt sich nicht nur ein vergnügliches Buddy-Feelgood-Movie, sondern vor allem eine humorvolle Abrechnung mit Zwängen, Abhängigkeiten, Intoleranz und Klischees. GLÜCK AUF EINER SKALA VON 1 BIS 10 ist ein Roadtrip mit viel Herz und einem Hauch von schwarzem Humor, umweht von den Gedanken großer Philosophen.


A E I O U – DAS SCHNELLE ALPHABET DER LIEBE

Deutschland, Frankreich 2022 – Regie, Drehbuch: Nicolette Krebitz – Kamera: Reinhold Vorschneider – Schnitt: Bettina Böhler – Musik: Martin Hossbach – Mit: Sophie Rois, Udo Kier, Milan Herms, Nicolas Bridet u. a. – 104 Min. deutsche Originalfassung – Alter: k. A.

Sie dachte, das würde ihr nicht mehr passieren. Er wusste gar nicht, dass es so etwas überhaupt gibt. Eine Dame im besten Alter, ein unverschämt junger Mann und noch eine unmögliche Liebesgeschichte: Vor einem Szenelokal in West-Berlin wird die Schauspielerin Anna gewaltsam ihrer Handtasche beraubt. Doch schon wenig später steht sie dem Dieb wieder gegenüber, der sich als Adrian herausstellt und bei ihr Sprechunterricht nimmt. Aus den Unterrichtsstunden werden bald Abendessen, Spaziergänge und gemeinsam gerauchte Zigaretten. Und irgendwann versuchen sie es mit dem Rest der Welt aufzunehmen. Angefeuert voneinander, aber ohne einen Pfennig, verlassen sie die Stadt. Sie wollen nach Frankreich, ans Meer …

Sophie Rois, Udo Kier und Kino-Neuentdeckung Milan Herms spielen die Hauptrollen in dieser Geschichte einer unmöglich erscheinenden Liebe, die Nicolette Krebitz (u. a. „Wild“) nach eigenem Drehbuch inszeniert hat. 


STORIES FROM THE SEA

Österreich 2021 – Regie, Drehbuch: Jola Wieczorek – Kamera: Serafin Spitzer – Schnitt: Rubén Rocha – Schnittberatung: Niels Pagh Andersen, Anne Fabini – Musik: Julia Kent – 86. Min. OmU (mehrsprachig) – jugendfrei

Seit eh und je ist das Mittelmeer einer der wichtigsten Dreh- und Angelpunkte der Welt. Es wird Tag und Nacht überquert, genutzt und genossen, gefürchtet und geliebt. STORIES FROM THE SEA porträtiert Menschen auf drei Schiffen, die diesen Meeresraum als Sehnsuchtsort, Arbeitsplatz und Ort menschlicher Begegnungen erleben. Das allumfassende blaue Wasser, die stete Wellenbewegung und der ferne Horizont sind Elemente, die alle Figuren verbinden, so unterschiedlich die Motivation, sich auf See zu begeben, auch ist.
Besonders hervorzuheben: Die Filmmusik von Julia Kent, die im Zusammenspiel mit der Poesie der grobkörnigen schwarz-weiß-Cinematographie von Serafin Spitzer die ewige Sehnsucht des Menschen nach dem Meer virtuos versinnlicht.


SCHMETTERLINGE IM OHR
– On est fait pour s’entendre

Frankreich 2021 – Regie, Drehbuch: Pascal Elbé – Kamera: Rémy Chevrin – Schnitt: Jennifer Augé – Musik: Christophe ‚Disco‘ Minck Mit: Pascal Elbé, Sandrine Kiberlain, Valérie Donzelli u. a. – 94 Min. OmU (Französisch) / deutsche Synchronfassung – jugendfrei

Antoine, ein gut aussehender Geschichtslehrer in seinen frühen Fünfzigern, ist ein Ignorant der Extraklasse: Wortmeldungen seiner Schüler oder die Gefühlslage seiner Freundin, das geht ihn nichts an. Seine neue Nachbarin Claire treibt er mit ohrenbetäubenden Lärm in den Wahnsinn. Ihre Wutausbrüche perlen an Antoine gnadenlos ab – wie alles in dieser Welt. Erst als er in der Schule auch den Feueralarm ignoriert, ist Antoine gezwungen, sich der demütigenden Tatsache zu stellen: Er ist so gut wie taub. Und das im besten Alter! Mit dem Einsatz von Hörgeräten eröffnet sich ihm bald eine neue Welt, aber die bringt nicht nur Freude. Alles prasselt nun ungefiltert auf ihn ein: Seine demente Mutter, seine überforderte Schwester, die von ihm jahrelang brüskierte Lehrerschaft. Nur ein einziger Mensch bedrängt ihn nicht: Violette, die kleine Tochter Claires, die seit dem Tod ihres Vaters nicht mehr spricht. Plötzlich nimmt er gegen seine Natur Anteil an anderen. Mehr noch: Er verliebt sich in ihre Mutter. Aber Hörgeräte sind kein Garant für gute Verständigung. Denn die will gelernt sein.

Eine hinreißend turbulente Komödie über die Schwierigkeiten der zwischenmenschlichen Kommunikation und den betörenden Charme der Ignoranz.


Vorschau: Kinosommer Villach, Open-Air Kino im Innenhof der Musikschule,
15. bis 29. Juli und 10. bis 21. August 2022, www.kinosommervillach.at